Hallo,
Ich will diese inzwischen etwas ältere Frage noch mal kurz aufwärmen, da ich mich kürzlich zufällig auch etwas, eher so nebenher, mit dem Thema beschäftigt und etwas herumprobiert habe.
Harald Karutz hat geschrieben:
Ich wüsste gern, um welchen Schrifttyp es sich bei der Aufschrift des alten Hamburger Gerätewagens [...] gehandelt hat.
Generell: Welche Sans-Serifen-Schriften wurden in den 50er und 60er Jahren typischerweise für Werbezwecke verwendet? M. E. sahen die üblichen Schriften in dieser Zeit irgendwie anders aus als die bekannten Helvetica, Arial & Co... (schmaler geschnitten?)
Kann ich leider bislang auch noch nicht so viel zu sagen, aber: 1. Es handelt sich bei den besagten Fahrzeugbeschriftungen, wie schon geschrieben, auf alle Fälle typischerweise um serifenlose Schriften. 2. Es handelt sich allerdings meiner Ansicht nach um keine typische(n) Schrift(en) der 50er Jahre, jedenfalls nicht unbedingt, siehe Beschriftung der Fahrzeuge des SHD im 2. WK (siehe Grafik 3). 3. Stimmt, Arial z.B. kommt schon nah ran, aber kommt eben nur heran - 100% paßt es irgendwie nicht (und schmaler geschnitten kommt auch hin).
Hier mal die Ergebnisse meiner kleinen Schriften-Testreihe (hatte auf die Schnelle nur ein Foto eines Hamburger Schaumtankfahrzeugs aus den 60ern zur Hand, daher habe ich diesen Schriftzug zum Vergleich herangezogen):
1. Avantgarde Md BT - wie von Fokko vorgeschlagen: Haut leider überhaupt nicht hin, vor allem das "R" paßt überhaupt nicht, da sich der Teil unterm "Bauch" des "R" viel zu nah am Senkrechten Strich befindet (hoffe, das ist einigermaßen verständlich). Wird sowohl beim "Rüstwagen" als auch beim Schriftzug "FEUERWEHR" (den ich deswegen, und weil das "R" generell eines der Hauptprobleme im Schriftbild darstellt, auch herangezogen habe) sehr deutlich. Der Schriftzug "Schaummittelfahrzeug" kommt dem Vorbildfoto zwar schon recht nahe, aber die kleinen "a" sind falsch.
2. Arial - bold bzw. fett: Kommt den älteren Schriftzügen schon recht nahe bzw. insgesamt sogar am nächsten, trifft den Nagel aber irgendwie (wie oben schon geschrieben) auch nicht völlig auf den Kopf... Das kleine "a" stimmt jetzt, das "R" hat aber irgendwie immer noch nicht 100%tig hin.
3. Arial Narrow - bold bzw. fett: Schon besser, aber m.E. immer noch nicht das Gelbe vom Ei...
Nächster Versuch:
4. DIN 1451 Mittelschrift alt: An sich der Klassiker schlechthin, in den 30er Jahren entworfen und als Schriftart für Verkehrsschilder eingeführt (bis heute) sowie zudem bis zur Einführung der FE-Schrift auch auf den deutschen Kfz-Kennzeichen zu finden, aber mir 1. für Fahrzeugbeschriftungen irgendwie zu schwach bzw. dünn und 2. dort auch m.W. bei der Feuerwehr tatsächlich nicht verwendet (ganz im Gegenteil Deutschen Bundesbahn), was besonders bei den Ziffern (siehe unten) deutlich wird. Und auch hier wieder das "R".
5. DIN 1451 Engschrift: Ein gutes Beispiel für die von Harald bereits angesprochenen, schmaler geschnittenen Schriften und bei mir kommt da auch gleich irgendwie ein bißchen "Epoche 3-Feeling" auf, aber ansonsten gilt das Gleiche, wie für die Mittelschrift. Begegnet einem heute noch im Straßenverkehr z.B. bei längeren Ortsnamen auf (Vor-) Wegweisern, war früher dort aber wesentlich häufiger anzutreffen (deswegen wohl auch besagtes "Epoche 3-Feeling").
6. Impact: Endlich mal ein schönes "R", aber: Was die DIN-Schriften zu dünn bzw. "schwach auf der Brust" sind, ist Impact mir zu fett (auf Schriften bezogen ist "fett" polit. korrekt
)
Zusatzgrafik:
Oben: Habe mal versucht, nach einem Vorbildfoto die Türbeschriftung einer KS 25 des SHD, Baujahr 1941 ((recht bekanntes) Werks- bzw. Auslieferungsfoto) zu kreieren. DIN-Schrift geht da überhaupt nicht, die Ziffern, und hier vor allem die "4" (siehe auch unten), unterscheiden sich völlig von der auf dem Foto zu erkennenden Type. Mit Arial Narrow - bold, etwas gestaucht, also in der Höhe reduziert, sieht das Ergebnis schon besser aus bzw. man kommt dem alten Schriftbild schon ziemlich nah, allerdings stimmen die Ziffern immer noch nicht völlig und das "K" unterscheidet sich auch etwas.
Unten: Zum Vergleich noch mal die "DIN 1451 Mittelschrift DB", die bis heute zur Beschriftung von z.B. Lokomotiven (Baureihen- / Ordnungsnummer / Prüfziffer) benutzt wird und bei der sich die Ziffern deutlich von der sowohl neuen als auch alten normalen DIN-Schrift (wie z.B. auf den alten Kfz-Kennzeichen) unterscheidet - bei Feuerwehrs aber z.B. als "112" in allen DIN-Schriftarten absolut unüblich. ["012 063-4" steht übrigens mit ihrer alten, vor 1968-Nummer "01 1063" vorm Braunschweiger Hbf.]
Das war es von mir erst mal zum Thema, vielleicht findet sich ja aber noch etwas passendes. Werde jedenfalls bei Gelegenheit noch etwas weiterforschen. Und am Rande: In den 50ern und 60ern waren Feuerwehrfahrzeuge in der Regel noch wesentlich sparsamer beschriftet, was das Problem der passenden Schriftart wenigstens etwas relativiert.
Gruß
Daniel